Wie eine Anfängerdenkweise zum Rezept für die größte Innovationsleistung von Outokumpu wurde

Niklas Wass, Executive Vice President, Stainless Europe, Outokumpu

Ein weiser Mensch hat mir einmal gesagt: Wenn eine Idee auf gar keinen Widerstand stößt, kann man sicher sein, dass sie nicht bahnbrechend ist. Daher wusste ich, dass wir das volle Potenzial unserer Produktionstechnologie ausschöpfen mussten.

Wir wollten herausfinden, wie bei der Produktion von Edelstahl am wenigsten Emissionen entstehen könnten. Doch einige fragten, warum wir uns die Mühe machen sollten, wenn der von uns produzierte Edelstahl bereits der nachhaltigste der Branche ist?

Eigentlich wollten wir testen, wie hoch der minimale CO2-Ausstoß ist, der mit unserer derzeitigen Produktionstechnologie erreicht werden kann, einschließlich Scope 1, 2 und 3. Mit anderen Worten: eine nachhaltige Methode der Edelstahlproduktion, bei der zahlreiche hochmoderne Technologien in einem Prozess vereint werden. Dies war auf jeden Fall ein bahnbrechender Gedanke. Alle Rückschläge, die wir zwischenzeitlich einstecken mussten, haben uns nur noch mehr angespornt, herauszufinden, wie wir unsere Idee in der Praxis umsetzen können. Am Ende haben wir es geschafft. Aber die Entwicklung von Outokumpu Circle Green war nur einer der Erfolge, die wir erreicht haben − und die positiven Ergebnisse sind weiterhin sichtbar.

Emissionen reduzieren − wie weit können wir gehen?

Zunächst ein paar Eckdaten zur Herstellung von Edelstahl – hierfür wird eine beträchtliche Menge an Energie, Verbrauchsmaterialien und Rohstoffen benötigt. Die Rohstoffe werden geschmolzen, warmgewalzt und zu den verschiedenen Edelstahlmaterialien geformt, die uns in unserer Gesellschaft umgeben. Je nach den gewählten Optionen entlang eines Prozesses entstehen unterschiedliche CO2-Emissionen. In diesem Bereich hat Outokumpu bereits Pionierarbeit geleistet. Unser CO2-Fußabdruck liegt heute etwa 70 Prozent unter dem Branchendurchschnitt.

Die Idee hinter unserer branchenführenden Lösung Circle Green war es, noch viel weiterzugehen − so weit wie möglich. Der Produktionsprozess, den wir entwickeln konnten, fördert die Verwendung von recycelten Rohstoffen, erneuerbaren und kohlenstoffarmen Energieträgern und eine völlig neu konzipierte Wertschöpfungskette. Durch diese Veränderungen konnten wir (bisher) insgesamt 95 Prozent der CO2-Emissionen aus Scope 1 und 2 eliminieren, was zu einem Produktionsprozess mit nur 8 Prozent* des CO2-Fußabdrucks von konventionell hergestelltem Edelstahl führt.

Würde der gesamte Edelstahl der Welt mit den gleichen Methoden wie Circle Green produziert, so würde dies die globalen CO2-Emissionen um 250 Millionen Tonnen pro Jahr senken.

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Erkenntnisse, die unser Geschäft verändern

Wir sind aufgebrochen, um zu lernen, wie man Edelstahl nachhaltiger produziert. In Wirklichkeit haben wir viel mehr gelernt. Hier sind drei Erkenntnisse, von denen ich glaube, dass sie sich am stärksten auf unser Unternehmen ausgewirkt haben:

Fachwissen kann blind machen

Die Edelstahlindustrie stützt sich in hohem Maße auf Expertinnen und Experten. Und obwohl unser Unternehmen auf diesem Fachwissen aufbaut, erforderte die Entwicklung von Circle Green andere Fähigkeiten − eine Anfängerdenkweise, die nichts voraussetzt und alles in Frage stellt. Das ist etwas, womit sich Expertinnen und Experten verständlicherweise oft schwertun.

Es brauchte Zeit, sich diese Denkweise anzueignen. Während dieser Reise haben wir nicht nur unseren Produktionsprozess neugestaltet, sondern auch unseren Horizont erweitert und zahlreiche Möglichkeiten erkannt, unsere bestehenden Verfahren zum Besseren zu verändern. Die Umsetzung dieser Möglichkeiten bedeutete, dass selbst auf den höchsten Ebenen der Unternehmensführung vorherrschende Denkmuster als potenziell blinde Flecken erkannt werden mussten. Anstatt jede Entscheidung auf der Grundlage dessen zu treffen, was sicher war, lernten wir allmählich, Entscheidungen auch auf der Grundlage dessen zu treffen, was möglich sein könnte.

Die Kraft der Momente

Ich frage mich oft, was meine Kolleginnen und Kollegen und die vielen Mitarbeitenden von Outokumpu ihren Freundinnen und Freunden oder Familien über ihre Arbeit erzählen. Tatsächlich ist die Edelstahlproduktion eine wunderbare Welt und sehr inspirierend für alle Beteiligten, aber vielleicht nicht ganz so glamourös und inspirierend für die Familienmitglieder und den Freundeskreis bei Gesprächen am Esstisch. Mit der Entwicklung von Circle Green haben wir das überwunden.

Heute weiß jeder, der mit Outokumpu zu tun hat, dass wir etwas erreicht haben, was zuvor als unmöglich galt − und dass er oder sie daran mitgewirkt hat, egal, wie groß oder klein der Beitrag war. Viele Menschen, mit denen ich spreche, sagen, dass sie es genießen, Teil der Lösung und Teil der Geschichte zu sein. In vielen Anekdoten, die ich aus dem Unternehmen höre, entsteht durch den eigenen Einfluss auf die CO₂-Emissionen ein neues Gefühl der Sinnhaftigkeit. Das Ziel von Outokumpu ist es, eine Welt zu schaffen, die ewig währt – und nun höre ich dies immer wieder in verschiedenen Worten von Menschen aus dem gesamten Unternehmen.

Gerade diese einzigartigen Momente − Momente, in denen wir erkennen oder spüren, dass wir Teil von etwas Bedeutendem sind − können ausreichen, um den Blick auf unsere Arbeit, unser Unternehmen und sogar uns selbst zu verändern. In allen Bereichen unseres Unternehmens, sogar bei unseren Kunden und Partnern, hat dieses Gefühl, Grenzen zu überschreiten und das Mögliche neu zu definieren, die Art der Fragen, die wir stellen, die Gespräche, die wir führen, und die Ziele, die wir uns setzen, verändert. Es ist ein erstaunliches Beispiel dafür, wie Produktinnovation zu einem Durchbruch in der Denkweise eines Unternehmens mit 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen kann. 

Was du träumst, kannst du auch tun

Diese Denkweise ist in der Welt der Edelstahlproduktion nicht vorherrschend. Aus gutem Grund halten wir die Branche nicht für eine kreative oder philosophische Branche. Aber wie wir auf unserer Reise zu Circle Green gelernt haben, kann uns das manchmal im Weg stehen.

Zu Beginn hielten wir es nicht für möglich, zu schaffen, was wir heute erreicht haben. Stattdessen hatten wir die Idee, „nach den Sternen zu greifen, um auf dem Mond zu landen“. Wie sich herausstellte, war es tatsächlich möglich, die Sterne zu erreichen. Wir wollen auf diesem Erfolg weiter aufbauen und glauben fest daran, dass Herausforderungen wie der Ausbau einer nachhaltigen Produktion bewältigt werden können – egal wie unmöglich diese heute erscheinen mögen.

Natürlich erfordert die Verwirklichung von Träumen Taten und man kann nicht einfach auf halbem Wege stehen bleiben. Man muss mit einer gemeinsamen Vision und einem klaren Ziel, das sich daraus ableitet, beginnen. Darüber hinaus benötigt man einen Zeitplan. Sich darauf zu einigen, so lange zu arbeiten, wie es nötig ist, ist großartig, aber es sollten auch konkrete Resultate folgen. Dann muss man die Frage beantworten, wie man seine Innovation operationalisieren, ausbauen und in Zukunft anwenden will. Auch hier ist Scheitern ein fester Bestandteil des Prozesses. Und schließlich kann all dies nur mit einem wirklich leidenschaftlichen und engagierten Team funktionieren.

Krefeld employees June 2023

Scheitern zu akzeptieren, führt zum Erfolg und bildet einen perfekten Kreislauf

Die genannten Erkenntnisse, von der Bereitschaft, unseren Expertenverstand beiseitezulegen bis hin zum Glauben an das und Streben nach dem vermeintlich Unmöglichen hängen mit unserer Haltung gegenüber Rückschlägen zusammen. Allzu oft wird Scheitern (oder Erfolg) als etwas Endgültiges angesehen, als Punkt am Ende eines Satzes und nicht als ein Komma zwischen zwei Sätzen. Vor allem im Arbeitsleben betrachten viele Menschen Scheitern als unerwünschtes Ergebnis, obwohl es in Wirklichkeit ein Lernprozess und wichtiger Bestandteil von Wachstum ist.

Dies wird in der Kultur kleiner, agiler Startups oft begrüßt, gerät aber immer mehr in Vergessenheit, sobald ein Unternehmen wächst und sich etabliert. Bei der Entwicklung von Circle Green wurden wir sozusagen wieder für diesen grundlegenden Aspekt von Innovation und Führung sensibilisiert. In den Worten Albert Einsteins: „Failure is simply success in progress“. Ein Teil der Innovation besteht darin, darauf zu vertrauen, dass Ihr Team im Umgang mit Schwierigkeiten erfolgreich sein und Probleme lösen wird.

Alles in allem war die Reise zu Circle Green eine unglaubliche Lernerfahrung, und das wird sie auch weiterhin sein, da wir die Weiterentwicklung und den Ausbau vorantreiben. Vor allem aber sind wir begeistert von dem, was es für unsere Kunden, Partner und die Gesellschaft im Allgemeinen bedeutet: Zum ersten Mal bieten wir ihnen eine Wahl.

*) Weltweite durchschnittliche CO₂-Emissionen 6,1 Tonnen CO₂ pro Tonne Edelstahl. Outokumpu Circle Green CO₂-Emissionen: bis zu 0,5 Tonnen CO₂ pro Tonne Edelstahl.