Marc-Simon Schaar, Chief Procurement Officer bei Outokumpu
Vor kurzem fragte mich jemand: „Wie sieht es mit Scope 3-Emissionen in der Edelstahlindustrie aus?“ Ich fühlte mich gut vorbereitet, um darauf zu antworten, da ich mich in unserem Unternehmen bereits einige Zeit lang mit diesem Thema beschäftigt habe.
Scope-3-Emissionen beziehen sich auf jene Emissionen, die außerhalb der direkten Kontrolle eines Unternehmens, aber innerhalb seiner Wertschöpfungskette entstehen. Zu Outokumpus Scope-3-Emissionen gehören beispielsweise hauptsächlich jene, die durch Aktivitäten im Zusammenhang mit der Beschaffung und Lieferung von Rohstoffen entstehen. Darüber hinaus fallen auch Emissionen aus Geschäftsreisen, Produktvertrieb, ausgelagerten Arbeiten und mehr in diese Kategorie. Obwohl dies häufig übersehen wird, können Scope-3-Emissionen von großer Bedeutung sein – in unserem Fall machen sie über 70 % der Gesamtemissionen des Unternehmens aus. Deshalb sind wir bei Outokumpu davon überzeugt, dass sie nicht einfach ignoriert werden können.
Der Umgang mit den Scope-3-Emissionen ist nicht unsere einzige Chance, uns für Nachhaltigkeit zu engagieren – es ist aber ein zentraler Faktor. Es gibt wohl keine größere Gelegenheit als diese, um Emissionen einzusparen. Dabei ist anzumerken, dass Nachhaltigkeit sich nicht nur auf Emissionen bezieht; sie erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der die Menschen, den Planeten und das Produkt miteinbezieht. Das ist die Grundlage unseres Engagements für die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und der Grund, warum wir ein Supplier Sustainability Team haben. Dieses Team ist in seiner Form einzigartig in der Branche und führt Menschenrechtsverträglichkeitsprüfungen und Sozialaudits in unserer gesamten Rohstoff-Wertschöpfungskette durch.
Wie sehen nun also Scope 3-Emissionen von Edelstahl aus? Je nach Blickwinkel können sie nach vielem aussehen – vielfältige Kategorien, unzählige Datenpunkte, strategische Ansatzpunkte. Für mich sehen sie aber vor allem wie eine Chance aus:
Eine Chance, den größtmöglichen Unterschied zu machen
Unser Geschäftsmodell basiert auf dem Konzept der Kreislaufwirtschaft. Unser Produkt enthält über 89 % recycelten Edelstahl, der in der Branche als "Schrott" bezeichnet wird und mit 94 % den größten Anteil unseres recycelten Materials ausmacht. Schrott ist der Rohstoff, den wir am meisten verwenden. Da er recycelt wird (d. h. er hat bereits ein nützliches Leben hinter sich), definieren wir ihn als „sekundären“ Rohstoff, der sehr geringe Emissionen aufweist.
Allerdings sind wir auch auf so genannte „primäre“ Rohstoffe wie Chrom und Nickel angewiesen. Diese sind zwar teurer und mit höheren Emissionen verbunden, aber sie sind notwendig, um den richtigen Legierungsgehalt der einzelnen Edelstahlsorten zu gewährleisten. Und da die Nachfrage nach rostfreiem Stahl steigt und immer mehr Anwendungen noch höher legierte Varianten erfordern, wird der Bedarf an diesen primären Rohstoffen in Zukunft noch zunehmen.
Einerseits können wir dies als eine große Hürde sehen, da die Scope-3-Emissionen, die allein mit unserer Nickelversorgung verbunden sind, größer sind als alle unsere Scope-1-Emissionen zusammengenommen. Andererseits können wir es auch als eine große Chance betrachten. Erstens, weil wir wissen, woher diese Emissionen kommen, was uns die Möglichkeit gibt, etwas daran zu ändern.
Zweitens müssen wir nicht Dutzende von Problemen gleichzeitig angehen, um entscheidende Veränderungen zu bewirken, sondern können uns auf dieses eine große Problem konzentrieren.
Genau aus diesem Grund erforschen wir derzeit Möglichkeiten, wie wir die Lieferkette für Nickel stärken und gleichzeitig seine Emissionen verringern können. Ein kürzlich erreichter Meilenstein war der Erwerb eines Anteils am kanadischen Unternehmen FPX Nickel. Von dem Unternehmen vermutet man, dass es einen der niedrigsten CO2-Fußabdrücke der Branche hat. Outokumpu ist ständig auf der Suche nach weiteren Kooperationen mit Geschäftspartnern, um die Emissionen von Primärrohstoffen zu reduzieren. Glücklicherweise verfügen wir über eine eigene Ferrochromproduktion mit einem um 42 % niedrigeren CO2-Fußabdruck als der Branchendurchschnitt.
Eine Chance, Risiken in eine Grundlage für die Zukunft zu verwandeln
Scope-3-Emissionen stellen ein Risiko für den Planeten und die Unternehmen dar. Um diesen Risiken zu begegnen, haben wir eine umfassende Strategie entwickelt, die sich auf die Wertschöpfungskette von Rohstoffen konzentriert und langfristige Nachhaltigkeit, Verfügbarkeit, Preisdynamik und Rentabilität berücksichtigt – Dinge, die sich nicht gegenseitig ausschließen, auch wenn man oft das Gegenteil hört.
Eine solche Strategie zu haben – und sie umzusetzen – trägt zu unserer Glaubwürdigkeit und Autorität als Pionier der Branche bei. Sie kommt bei Investoren, Aktionären und Verbraucher*innen gut an und spricht unsere Mitarbeiter*innen sowie potenzielle Kolleg*innen an, unter denen sich immer mehr Menschen befinden, die auf Nachhaltigkeit Wert legen. Die Liste der Vorteile, die mit der Bekämpfung von Scope-3-Emissionen verbunden sind, lässt sich beliebig fortsetzen. Je ernster wir diese Möglichkeit nehmen, desto stärker wird unser Fundament für die Zukunft sein – im Einklang mit unserer Vision, für unsere Kunden die erste Wahl für nachhaltigen Edelstahl zu sein.
Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass Unternehmen nicht länger damit auskommen können, nur die direkten Emissionen aus der eigenen Produktion (Scope 1) und die indirekten Emissionen aus Energie und Dampf (Scope 2) zu berechnen und zu berichten – auch wenn dies in der Edelstahlindustrie leider immer noch viele tun. Es ist notwendig, Scope-3-Emissionen ins Rampenlicht zu rücken, und wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen, um anderen zu helfen.
Die andere Möglichkeit? Es zu ignorieren und später unvorbereitet die Konsequenzen zu tragen. Schlimmer noch: Wir könnten behaupten, dass wir uns darum kümmern, aber keine Maßnahmen ergreifen. Das bringt uns zum Thema:
Einer Gelegenheit, den Worten Taten folgen zu lassen
Im Hinblick auf den Geschäftsbetrieb kann man die Notwendigkeit eines modernisierten, innovativen Ansatzes kaum überbewerten. Jedes Unternehmen muss heute in gewissem Sinne ein Technologieunternehmen sein. In Bezug auf die Werte gibt es jedoch immer noch nichts Besseres als „alte Schule“.
Mit „alter Schule“ meine ich, dass ein Unternehmen sagen sollte, was es meint, und auch meinen sollte, was es sagt. Dies ist der beste Weg, um Kunden und Partner an sich zu binden, die beste Methode zur Selbstregulierung und die beste Strategie, um Greenwashing zu verhindern. Bei Outokumpu sehen wir dies als Teil unserer Unternehmens-DNA. Wir leben das, was wir sagen.
So haben wir uns beispielsweise das kurzfristige, wissenschaftlich fundierte Ziel gesetzt, die direkten und indirekten Emissionen sowie die Emissionen unserer Lieferkette bis 2030 um 42 % pro Tonne Edelstahl zu senken, ausgehend vom Basisjahr 2016. Die aktualisierten Ziele decken unsere Wertschöpfungskette von den Rohstoffen bis zu unserer eigenen Produktion und Lieferung ab. Für mich persönlich ist es ein Traum und eine Vision, dass wir als Unternehmen so schnell wie möglich CO2-neutral werden und dazu beitragen, dass unsere Branche und andere den gleichen Weg einschlagen können.
Aus den gleichen Gründen setzen wir uns für einen Product Carbon Footprint ein. Denn Verbraucher*innen verdienen Transparenz, aber auch eine Wahlmöglichkeit. Diese Wahlmöglichkeit kann nur gegeben werden, wenn die gesamte Wertschöpfungskette eines Konsumgutes transparent ist. Damit neben der Qualität und den technischen Eigenschaften auch der Carbon Footprint des Produktes in die Kaufentscheidung des Kunden einfließen kann.
Ein Blick in die Zukunft
Viele weise Menschen haben festgestellt, dass man, „um etwas in Ordnung zu bringen, damit beginnen muss, es als Problem zu erkennen.“ Indem Maße wir die Scope-3-Emissionen als ein Problem für die Edelstahlindustrie verstehen, werden das Verständnis und die Erhebung dieser Emissionen der entscheidende Faktor, der uns der Lösung des Problems näherbringt.
Bei Outokumpu sind wir optimistisch. Ein Teil dieses Optimismus rührt daher, dass nichtrostender Stahl im Vergleich zu vielen anderen Werkstoffen bereits ein nachhaltiges Material ist – und wenn sich die Hersteller um Menschen und Umwelt kümmern, wird er noch nachhaltiger. Wenn wir die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, weiterhin als Chance sehen, besser zu werden, wird unsere Industrie ein immer wichtigerer Teil einer besseren, lebenswerteren Welt für uns und zukünftige Generationen sein.
Abschließend lässt sich sagen, dass wir bei Outokumpu auf eine Welt hinarbeiten, die für immer Bestand hat.